Wir beginnen mit dem reinen Holzrahmen (Bild 1), bei dem -wie der Name schon sagt- die gesamte Saitenzugkraft von der hinter dem Resonanzboden befindlichen senkrecht stehenden Holzbalkenkonstruktion, der sogenannten Raste, aufgenommen werden mußte. Diese Raste findet man auch heute noch in qualitativ hochwertigen Klavieren (Bild 2) zusätzlich zum Gußrahmen, um einerseits eine höhere Knicksteifigkeit zu gewährleisten und andererseits eine solidere Verbindung zwischen Rahmen und Klaviergehäuse zu ermöglichen. Bemerkenswert ist die enorme Bauhöhe vieler Instrumente jener Zeit; man versuchte auch damals schon, trotz senkrechter Saitenbespannung, zur Förderung des Klangvolumens lange Baßsaiten im Gehäuse unterzubringen.
Die nächste Epoche (Bild 3) war schon gekennzeichnet durch einen geschlossenen Gußrahmen, was die Stimmstabilität gegenüber den bei Luftfeuchtigkeits- und Temperaturschwankungen sehr sensibel reagierenden Holzrahmen-Klavieren deutlich verbesserte. Der Stimm- stock (Holzbalken, in dem die Wirbel stecken, siehe auch Stimmstock) ruht oben auf dem Rahmen und muß sowohl die Saitenzugkraft auf den Rahmen übertragen als auch das Kippmoment, das durch den Saitenzug an den vorstehenden Wirbeln entsteht, an die Rast weiterleiten. Es ist schon vorgekommen, dass bei gelöster Verleimung zwischen Stimmstock und Rast der Stimmstock schlagartig unter Entspannung sämtlicher Saiten nach vorn ins Instrument gerissen wurde (ein ziemlich lautstarker Totalschaden).
Ein großer Schritt hin zu klangvolleren Klavieren war die Idee, die Baßsaiten durch diagonale Anordnung über den Diskantsaiten -bei gleicher Bauhöhe eines Instrumentes- länger ausführen zu können (Bild 4). Nach diesem Prinzip besaitet man auch heute noch Klaviere, jedoch werden die Instrumente heute konsequent durchkonstruiert mit Rahmen, die bis auf das Bodenbrett reichen und Baßsaiten, die den Diskant in noch flacherem Winkel kreuzen (vergleiche Bild 5 mit Bild 7).
Wieder etwas stimmstabiler wurden die Klaviere mit Verwendung von Gußrahmen, die bis ganz oben ins Instrument reichen und somit für bessere Steifigkeit der gesamten akustischen Anlage sorgen. Aber auch hier (Bilder 5 und 6) muß das Stimmstockholz die komplette Zugkraft auf den Rahmen übertragen. Der einzige Vorteil dieser offen sichtbaren Stimmstöcke liegt für den potentiellen Käufer darin, dass eventuelle Risse im Stimmstock gut sichtbar sind (Bild 8).
Die heute weltweit Verwendung findende Voll-Panzerplatte als Klavierrahmen geht zurück auf Carl Rönisch, der diese Konstruktion bereits 1866 !!! erstmalig anwendete. Solange kann es mitunter dauern, bis Ideen sich durchsetzen. Der genial einfache Grundgedanke ist der, die Saitenzugkraft (bei Klavieren im Bereich 12 - 16 Tonnen (1 to = 1.000 kg)) durch eigene Bohrungen für jeden Wirbel direkt in die Gußplatte einzuleiten. Das hat zur Folge, dass erstmalig der immer noch dahinter befindliche Stimmstock die Stimmwirbel “nur noch” am selbständigen Verdrehen hindern muß. Um die Kraft gleichmäßig auf die Gußplatte zu übertragen, wird jeder einzelne Wirbel durch einen kleinen Buchenholzdübel geführt (Bild 9).
Bemerkenswert sei noch der Hinweis, dass sich durch die veränderten Rahmenkonstruktionen auch die Kräfteverhältnisse im Klavier völlig verändert haben: War noch bei den Holzrahmenklavieren die Rastenkonstruktion an der Klavierrückseite alleiniger Träger der Saitenzugkräfte, so wird in einem Klavier mit Panzerrahmen die Raste nicht mehr auf Druck sondern auf Zug belastet. Der Gußrahmen fungiert quasi als Drehpunkt ähnlich einer Waage, bei der durch den Saitenzug an der Vorderseite die hinter dem Rahmen befindlichen Enden der Wirbel versuchen, den Stimmstock nach oben zu schieben und somit auf die Raste eine Zugkraft ausüben. Auch dieses wird durch die Praxis bestätigt. Bei Klavieren, bei denen die Verbindung von Stimmstock und Raste aus dem Leim gegangen ist (z. B. durch starke Erschütterungen oder Klimaschwankungen), ist zu beobachten, dass der Stimmstock nach oben wandert und dabei das obere Abdeckbrett anhebt. Gleichzeitig verändern sämtliche Wirbel in einem solchen Klavier ihren Winkel zur Gußplatte. Wenn sie im Neuzustand leicht schräg nach oben zeigen, so lassen sie jetzt ihre Köpfe leicht schräg nach unten hängen. Einige Klavierfabrikanten machen sich diesen Umstand zunutze, indem sie den Gußrahmen mit etwas biegesteiferen höheren Profilen ausstatten, im Guß eine Kante vorsehen, die den Stimmstock am Hochrutshen hindert und anschließend bei einigen Modellen völlig auf eine stabile Raste verzichten (Foto 10). Aber -wie schon erwähnt- gibt die Raste dem gesamten Klavier Stabilität und verbindet in idealer Weise den zentnerschweren Rahmen mit dem Gehäuse. Daher ist diese Sparmaßnahme in Fachkreisen nicht unumstritten. Selbst preiswerte Anbieter aus Fernost liefern heute Instrumente durchweg mit einer soliden Rastenkonstruktion (siehe August Hoffman...techn. Details).
Last not least soll nicht unerwähnt bleiben, dass für Klavierrahmen Grauguß zur Herstellung verwendet wird. Grauguß ist in der Lage, sehr hohe Druckkräfte aufzunehmen und gleichzeitig durch seine lamellaren Kohlenstoffeinlagerungen Schwingungen gut zu dämpfen. Nachteilig ist die hohe Bruchgefahr, da Grauguß aufgrund eben jenes Kohlenstoffes ein sehr spröder Werkstoff ist und bei dem Versuch einer mechanischen Verformung sofort bricht. Da viele alte Klavierrahmen durch zu schwache Dimensionierung oder durch Verzug des Klavieres infolge intensiver Beheizung heutzutage schon gebrochen sind oder Risse aufweisen, muß beim Gebrauchtkauf der Rahmen eingehend untersucht werden. Versuche, Rahmen aus Stahlguß oder als Schweißkonstruktionen herzustellen, haben sich nicht durchsetzen können
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